Berlin-Chemie Newsletter vom 23. April 2020

Berlin-Chemie Newsletter vom 23. April 2020

Interview:

  • Wie sich Corona auf die Patientensicherheit auswirkt
    EinBlick sprach mit Marcel Weigand vom Aktionsbündnis Patientensicherheit

Kurzstrecke:

  • Whatsapp sagt Fake News den Kampf an
    Falsche Informationen kappen

  • Kindercerealien enthalten zu viel Zucker
    Neue Studie der AOK 

  • Patientendaten-Schutz-Gesetz kommt
    Bundeskabinett einigt sich

  • Hosentaschenarzt »AppDoc«
    Online-Hautarzt bundesweit verfügbar

  • Apps auf Rezept
    Verordnung und Leitfaden liegen vor

 Young Health:

  • Nachwuchs im Gesundheitswesen: Warum sich junge Menschen organisieren sollten
    Julia Zink über den Mehrwert der Vernetzung

 Meldungen:

  • Online-Simulation
    Mit einem Tool können User die Corona-Pandemie nachverfolgen

  • Zahl der Infizierten unbekannt
    RKI plant großflächige Studien mit Corona-Antikörpertests

  • Freiwillige Hände
    Wie junge Menschen über Online-Plattformen ihre Hilfe anbieten können

  • Unterschiedliche Pläne
    RKI und Regierung über Daten-Apps zu Corona-Tracking


bytes4diabetes-Award für digitale Lösungen



Jetzt bewerben und die Zukunft der Diabetologie mitbestimmen

 

Ob Decision-Support-Systeme, Patienten-Apps oder digitale Lösungen für die Arzt-Patienten-Kommunikation – gerade aktuell zeigt sich, wie sehr Klinik und Praxis hier auf Innovation angewiesen sind. Der bytes4diabetes-Award zeichnet kreative Köpfe aus Forschung, Wirtschaft und Praxis aus, die mit digitalen Lösungen die Versorgung von Menschen mit Diabetes verbessern. Preisgelder in Höhe von 25.000 Euro warten auf die Gewinner.
 
]Die BERLIN-CHEMIE AG vergibt die Auszeichnung zum zweiten Mal, die Preisverleihung findet auf der DiaTec 2021 in Berlin statt. Bereits in diesem Jahr bot der Kongress für Diabetes-Technologien den Finalisten des bytes4diabetes-Awards die Gelegenheit, sich und ihre Projekte einem interessierten Fachpublikum zu präsentieren.
 
Sie haben das Zeug dazu, die Diabetologie mit Ihrer Idee voranzubringen? Dann bewerben Sie sich noch bis zum 15. September 2020 unter www.bytes4diabetes.de!
Die BERLIN-CHEMIE AG freut sich auf viele spannende Projekte.


Wie sich Corona auf die Patientensicherheit auswirkt

Einblick sprach mit Marcel Weigand vom Aktionsbündnis Patientensicherheit


 
 Marcel Weigand

 

 ist Leiter der Abteilung “Kooperationen und digitale Transformation”
 bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland und
 Generalsekretär des Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS).
 Das APS setzt sich für eine sichere Gesundheitsversorgung ein.

 


Wie wirkt sich die Corona-Krise auf die Patientensicherheit aus?
Von Patientensicherheit sprechen wir, wenn Versorgungsstrukturen und -prozesse darauf ausgerichtet sind, dass möglichst wenig Schäden und Fehler bei der Behandlung entstehen.
Die Corona-Pandemie bringt noch einmal andere Bedingungen mit sich, denn geeignetes Material, wie zum Beispiel Schutzkleidung, aber auch Personal sind vielerorts nicht wie in sonstigen Zeiten vorhanden. Pflegepersonal war in Kliniken und im Pflegebereich auch schon vor der Pandemie knapp, doch wenn jetzt noch viele schwer erkrankte Patienten zu behandeln sind und ein Teil der Belegschaft sich mit den Viren ansteckt, führt das zu einer noch dramatischeren Situation, als es vor Corona schon der Fall war.
 
Was müssen Kliniken in Zeiten von Corona beachten?
In Krankenhäusern entstehen über 80 Prozent der Fehler aufgrund von Führungs- und Kommunikationsproblemen. Das verschärft sich durch Personalknappheit und der Zunahme der Belastung, denn dadurch fehlt Zeit für Abstimmungen. Deshalb ist es gerade jetzt besonders wichtig, dass es zum Beispiel vor Eingriffen ein Team-Time-Out gibt oder die Kommunikation bei Übergaben nicht zu kurz kommt. Des Weiteren gibt es das sogenannte Berichtssystem CIRS, welches in Kliniken eingesetzt wird. Damit können Ärzte und Pflegekräfte anonym Fehler eintragen. Von den daraus abgeleiteten Verbesserungsmaßnahmen können dann die eigene und auch andere Kliniken profitieren.
Wir haben zudem eine Plattform für Hinweise zu Corona auf der Website des APS eingerichtet.
 
Was müssen digitale Start-ups im Moment über Patientensicherheit wissen?
Patientensicherheit sollte schon bei der Konzeption von digitalen Gesundheitsanwendungen mitgedacht werden. Bei IT-Anwendungen sollten Hersteller drei Ebenen von Patientensicherheit beachten - nach dem Modell Health-IT Framework von Singh: 1. Die Daten in der Anwendung müssen sicher sein. 2. Patientinnen und Patienten müssen die App sicher anwenden können. Die Funktionen sollten so gestaltet sein, dass möglichst wenig Fehler bei der Verwendung auftreten können. 3. Die Anwendungen werden dazu eingesetzt, Versorgungsprozesse zu verbessern. Außerdem sollten Start-ups derzeit ihre Anwendungen auf Funktionen ausrichten, die gerade wirklich in der Krise gebraucht werden. Denn die Corona-Pandemie wird sehr wahrscheinlich noch länger andauern.
 
Auf was sollten Patientinnen und Patienten bei der Nutzung von digitalen Gesundheitsanwendungen achten?
 
Patientinnen und Patienten sollten prüfen, ob eine Datenschutzerklärung vorhanden ist, in der steht, wo die Daten gespeichert werden und ob der Hersteller diese an Dritte weitergibt. Zudem sollte die App nur Daten erfragen, die diese auch wirklich zur Nutzung benötigt. Wie ist die App finanziert und was könnten die Motive des Herstellers sein, sind ebenfalls wichtige Fragen. Außerdem muss klar beschrieben sein, was die App leistet. Sie darf zum Beispiel keine abschließende Diagnose stellen. Ein weiterer Anhaltspunkt können auch Zertifikate und die Bewertungen anderer Nutzerinnen und Nutzer sein. Eine ausführliche Checkliste zur Nutzung von Gesundheitsapps steht Patientinnen und Patienten auf den Onlineseiten des APS kostenlos zur Verfügung.



 

DMEA 2020

Die für Juni geplante Ausgabe der DMEA – Connecting Digital Health findet in rein virtueller Form statt. Am 16. Juni werden ausgewählte Keynotes und andere Formate per Livestream übertragen, zudem stehen diese und weitere Programmpunkte online zum Abruf bereit. Ergänzend bieten viele Aussteller der DMEA im Zeitraum vom 16. bis zum 18. Juni ein digitales Programm an.
 
Das Programm der digitalen DMEA ist ab Anfang Juni abrufbar.   ­


Kurzstrecke
 
Whatsapp sagt Fake News den Kampf an

Falsche Informationen kappen 

Der Messengerdienst Whatsapp schränkt die Weiterleitungsfunktion von Nachrichten ab sofort ein. Das soll die Verbreitung falscher Informationen über das Coronavirus erschweren. Demnach können Nachrichten, die schon oft weitergeleitet wurden, nur noch an eine Person und nicht an mehrere Personen gleichzeitig versendet werden. Bisher war das immer in bis zu fünf Chats gleichzeitig möglich.
 
Da bei Whatsapp die Texte jedoch so verschlüsselt sind, dass der Dienstleister selbst diese nicht einsehen kann, ist es für das Unternehmen schwieriger, Hetze herauszufiltern. Deshalb versucht Whatsapp Nachrichten, die schnell und viel versendet werden, zu markieren. Hat Whatsapp eine Nachricht als Hetze eingestuft, können Nutzerinnen und Nutzer diese nur noch einzeln weiterleiten.

Kindercerealien enthalten zu viel Zucker

Neue Studie der AOK 

99 Prozent der Cornflakes-Produkte für Kinder überschreiten die Empfehlung des Zuckergehalts der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das zeigt eine repräsentative Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), die der AOK-Bundesverband in Auftrag gegeben hat. Die WHO empfiehlt 15 Gramm Zucker pro 100 Gramm.
Bei anderen Müslis hingegen sind es immer noch 73 Prozent aller Produkte, die mit zu viel Zucker versetzt sind. Für die Studie untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Kaufverhalten von 30.000 Haushalten in Deutschland und werteten den Zuckergehalt von über 1.400 Produkten aus. Medizinerinnen und Präventionsexperten fordern schon lange sowohl eine verbindliche Strategie zur Reduktion von Zucker, als auch das konkrete Verbot von Kindermarketing speziell für ungesunde Lebensmittel.

Patientendaten-Schutz-Gesetz kommt

Bundeskabinett einigt sich 

Das Bundeskabinett hat am 1. April das Patientendaten-Schutz-Gesetz verabschiedet. Das Gesetz regelt genauer, wie die Krankenkassen ab 2021 ihren Versicherten die elektronische Patientenakte zur Verfügung stellen müssen. Die Nutzung ist kostenlos und freiwillig. Ab 2022 lassen sich dort dann auch Impfausweis, Mutterpass, das gelbe U-Heft und das Zahn-Bonusheft speichern.
 
Im Laufe des nächsten Jahres wird außerdem die Gematik die Grundlagen für das e-Rezept regeln. Patienten können die e-Rezepte dann sowohl in stationären Apotheken, als auch bei Online-Apotheken einlösen. Außerdem sollen Überweisungen zu Fachärztinnen und -ärzten ebenfalls auf elektronischem Weg übermittelt werden können.

Hosentaschenarzt »AppDoc«

Online-Hautarzt bundesweit verfügbar 

Mit der App »AppDoc – Online Hautarzt« können Menschen ab sofort bundesweit von Zuhause aus, sich eine erste Einschätzung bei Krankheiten der Haut durch Hautärzte aus ganz Deutschland einholen. Das Online-Tool ist bereits seit November 2018 im Bundesland Baden-Württemberg im Einsatz und Dank der Genehmigung der Landesärztekammer jetzt auch bundesweit verfügbar. Die Ärztinnen und Ärzte haben mittlerweile über die App rund 2.500 Patientinnen und Patienten online beraten.
 
In der Corona-Krise können so Praxen ihre Patientinnen und Patienten online und ohne Ansteckungsgefahr versorgen. »AppDoc« wurde von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD), des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg entwickelt.

Apps auf Rezept

DiGAV und Leitfaden liegen vor 

Seit Mitte April liegt die Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV) vor.
Mitte Dezember hatte der Bundestag das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) beschlossen. Das DVG hält fest, dass alle Versicherten der Krankenkassen die Möglichkeit bekommen, sich Apps auf Rezept verschreiben zulassen. Dieser Prozess schreitet nun voran.
 
Ergänzend zur Verordnung hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen Leitfaden veröffentlicht, in denen die Kriterien der Aufnahme von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) beschrieben sind. Dafür müssen die Herstellerinnen und Hersteller allgemeine Anforderungen zur Datensicherheit und Funktionstauglichkeit erfüllen sowie Daten vorlegen, die einen positiven Versorgungseffekt nachweisen. Das BfArM prüft anschließend innerhalb von drei Monaten über die Aufnahme in das Verzeichnis. Den Leitfaden finden Sie unter https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Service/Beratungsverfahren/DiGA-Leitfaden.pdf zum Download.


young health

 
Nachwuchs im Gesundheitswesen: Warum sich junge Menschen organisieren sollten
 

 
 Julia Zink


 hat nach der Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellten
 Gesundheitsökonomie studiert und arbeitet seit 2013 bei der
 Siemens-Betriebskrankenkasse im Vertrags- und Versorgungsmanagement.
 Sie ist die Präsidentin der BKK Young Talents.

 



Sie sind Präsidentin der BKK Young Talents, eine »Denkfabrik der Betriebskrankenkassen«. Was macht ihr genau?
Wir sind seit 2017 ein Netzwerk aus dem Nachwuchs der Betriebskrankenkassen und geben neue Denkanstöße und inhaltliche Impulse an unsere einzelnen Kassen weiter. Wir geben zum Beispiel Empfehlungen ab, wie unsere Kassen den digitalen Wandel gestalten können. Außerdem positionieren wir uns nach Außen als Markenbotschafter. Damit wollen wir die junge Stimme der Krankenkassen sein.
 
Wie organisiert ihr euch?
Bei den BKK Young Talents arbeiten über 35 Menschen mit verschiedenen Schwerpunkten und aus verschiedenen Betriebskrankenkassen zusammen. Die meiste Zeit arbeiten wir online mit Tools wie Slack und organisieren uns in Telefonkonferenzen. Einmal im Jahr treffen wir uns für einen größeren Workshop. Dieses Jahr kommen wir jedoch an einem Tag alle digital zusammen. Um Mitglieder für uns zu werben, starten wir jedes Jahr bei den Betriebskrankenkassen einen Bewerbungsaufruf. Die Bewerbung ist keine klassische Bewerbung mit Lebenslauf und Bewerbungsanschreiben, sondern orientiert sich stark an Design Thinking.
 
Was wollt ihr erreichen?
Wir möchten uns bei Themen einbringen, die uns wichtig sind und die die Zukunft des Gesundheitswesens betreffen. Dabei stellen wir uns zum Beispiel Fragen wie: »Wie können wir Digitalisierung für Krankenkassen mit dem Fokus auf unsere Kunden nutzbarer machen?«, oder: »Wie können Krankenkassen nachhaltiger werden?«. Außerdem sind wir alle in dem Modell »Design Thinking und Service Design« geschult und geben diese Arbeitsweise mit in die Krankenkassen.
 
Wie können sich junge Menschen innerhalb eines Unternehmens zusammenschließen?
Entweder das Unternehmen motiviert seinen Nachwuchs dazu oder die jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen selbst Initiative ergreifen. Wenn das Unternehmen den Mehrwert erkennt, kann es Rahmenbedingungen stellen. Es kann zum Beispiel Bewerbungsverfahren durchführen oder Workshops organisieren.
 
Warum ist es wichtig, dass sich junge Menschen innerhalb der Krankenkassen zusammenschließen?
Es bietet Krankenkassen die Chance neue Ideen zu gewinnen und Themen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anders näher zu bringen. Es macht einen Unterschied, ob ich als junge Kollegin meinen Kollegen neue Arbeitsmethoden, die sozialen Medien erkläre oder ob das von oben auferlegt wird. Außerdem ist es ein Wert fürs Unternehmen und steht für sich, wenn sich junge Menschen in ihrer Freizeit über die Zukunft der Krankenkasse Gedanken machen.


Meldungen

 

Online-Simulation

Mit einem Tool können User die Corona-Pandemie nachverfolgen 

Mit einem digitalen-Tool der Universität Hohenheim können Menschen spielerisch testen, welche Maßnahmen welchen Einfluss auf die Corona-Pandemie haben. Dabei können sie verschiedene Faktoren einstellen.
 
Beispielsweise können User mehr Betten in Krankenhäusern aufstellen, Schulen geschlossen halten, durch Gesundheitsaufklärung die allgemeinen Hygienebedingungen verbessern oder Menschen in ihre Häuser zurückschicken. All diese Maßnahmen wirken sich dann positiv auf die nachgestellte Pandemie aus. User sehen so, wie die Anzahl der schweren Fälle und der Verstorbenen sinkt.
 
Für die Computer-Simulation haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine durchschnittliche europäische Stadt nachgestellt. Dort befinden sich Arbeitsstätten, Supermärkte, Schulen, Sportplätze oder auch Krankenhäuser. Die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt haben soziale Kontakte, Erwachsene gehen zur Arbeit und einkaufen und Kinder gehen in die Schule, danach zum Sport. Der User kann selbst wählen, welche Maßnahmen er einsetzt. »Die Konsequenzen sieht der User dann unmittelbar auf dem Bildschirm«, sagt Prof. Dr. Andreas Pyka vom Lehrstuhl für Innovationsökonomik der Universität Hohenheim.
 
Mit dem Modell der Universität Hohenheim soll sowohl den Usern graphisch verdeutlicht werden, wie wichtig die getroffenen Maßnahmen sind, als auch Politikerinnen, Politikern, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit geben werden, verschiedene Maßnahmen mit dem Tool zu analysieren und zu bewerten. Denn weltweit reagieren die Verantwortlichen verschiedener Länder mit unterschiedlichen Instrumenten.
 
Das Programm basiert auf der sogenannten »agentbasierten Modellierung«. Dabei besteht der Programmieransatz auf einer Vielzahl an eigenständigen Bots, die autonom agieren. Es soll keine Prognosen liefern, sondern das Verständnis komplexer Zusammenhänge in der aktuellen Pandemie stärken.

Zahl der Infizierten unbekannt

RKI plant großflächige Studien mit Corona-Antikörpertests 

Das Robert-Koch-Institut will herausfinden, wie viele Menschen sich konkret mit dem Corona-Virus angesteckt haben. Dazu untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Blut der Teilnehmerinnen und Teilnehmer dreier unterschiedlicher Studien.
 
Die Experten schauen, ob sich im Blut Antikörper gegen das SARS-CoV-2 nachweisen lassen. Das wäre ein klarer Hinweis für eine durchgemachte Infektion. »Von diesen Studien erwarten wir uns ein genaueres Bild über das SARS-CoV-2-Geschehen in Deutschland«, erklärt Prof. Lothar H. Wieler, Präsident des RKI. Da bei vielen Menschen die Infektion mild verläuft, sind keine genauen Zahlen von Betroffenen in Deutschland vorhanden. »Die Ergebnisse der Antikörper-Studien sind von großer Bedeutung, um den Verlauf und Schwere der Pandemie genauer abschätzen und die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen besser bewerten zu können.«
 
In Deutschland sind mehr als 150.000 Menschen (Stand 23. April 9 Uhr) mit Sars-CoV-2 infiziert. Eine Infektion ist meldepflichtig. Dennoch wird eine große Dunkelziffer vermutet. Denn nicht alle Infizierten entwickeln so starke Symptome, dass sie ärztlichen Rat aufsuchen – und nicht alle Menschen mit leichten Symptomen werden getestet. Außerdem lassen sich mit derzeit eingesetzten PCR-Tests nur akute Infektionen nachweisen, denn der Test analysiert nur das Erbgut des Virus.
 
Deshalb plant das RKI nun drei größere unterschiedlich angelegte Studien, bei denen das Blut der Probanden auf Antikörper gegen SARS-CoV-2 untersucht wird. Antikörper lassen sich frühestens ein bis zwei Wochen nach der Infektion nachweisen. Die entsprechenden Labortests sind erst seit kurzem verfügbar.
 
Diese drei Studien plant das RKI: Zum einen sollen Blutspenden in Deutschland untersucht werden. Zum anderen sollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler örtlich begrenzte Tests durchführen, um repräsentative Stichproben zu erhalten. Außerdem plant das RKI eine bundesweite Untersuchung, bei der insgesamt 15.000 Menschen mit unterschiedlichen demographischen Daten teilnehmen sollen. Bei der Laboranalytik arbeitet das RKI eng mit dem von Prof. Christian Drosten geleiteten Institut für Virologie der Charité in Berlin zusammen.

Freiwillige Hände

Wie junge Menschen über Online-Plattformen ihre Hilfe anbieten können 

Junge Menschen, die derzeit helfen wollen, haben mehrere Möglichkeiten, um herauszufinden, wo sie gebraucht werden. Um Medizinstudierende und öffentliche Einrichtungen in der Corona-Pandemie schnell verknüpfen zu können, haben junge engagierte Menschen zusammen mit der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd) die Plattform »Match4healthcare« ins Leben gerufen. Das System ist im Rahmen des bundesweiten Hackathons »WirvsVirus« der Bundesregierung entstanden. Darüber hinaus hat die Bundesregierung die Plattform »Freiwillige helfen jetzt« gegründet.
 
Angefangen hat alles Mitte März mit einer Facebookgruppe namens »medis vs.covid-19«, der innerhalb kürzester Zeit mehr als 21.000 Studierende beigetreten sind, um ihre Hilfe anzubieten. Damit die Vermittlung zwischen Kliniken, Pflegeheimen, öffentlichen Einrichtungen und Studierenden übersichtlicher und effektiver verläuft, haben die sechs Initiatoren sich mit der bvmd zusammengeschlossen. Während des Hackathons der Bundesregierung haben sie dann eine Website entwickelt, bei der sowohl Helfende als auch Institutionen ein Profil anlegen und sich so nach Interessen und Regionen zusammenschließen können. Mittlerweile ist die Plattform nicht nur für Medizinstudierende zugänglich, sondern auch für weitere Berufe im Gesundheitswesen. Sokönnen sich ebenso Laborassistentinnen, Operationsassistenten, Rettungssanitäter, Pflegepersonal, Psycho- und Physiotherapeutinnen, wie auch Menschen, die in der Kinderbetreuung einsetzbar sind, melden.
 
Für junge Menschen, die aktuell ihren freiwilligen Dienst aufgrund Corona aussetzen, hat die Bundesregierung die Plattform »Freiwillige helfen jetzt« entwickelt. Die Online-Plattform vermittelt lokale und regionale Kontakte zwischen Freiwilligendienstleistenden und gemeinwohlorientierten Einrichtungen wie der Tafel. In den Freiwilligendiensten BFD (Bundesfreiwilligendienst), FSJ (freiwilliges soziales Jahr) und FÖJ (freiwilliges ökologisches Jahr) sind im laufenden Jahrgang über 90.000 Freiwillige aktiv. »Wir möchten denen, die aus eigenem Entschluss und im Einvernehmen mit ihrer Einsatzstelle gerne an anderer Stelle helfen wollen, dies ermöglichen«, sagt Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey.
Weitere Informationen auf der Webseite von »medis vs.covid-19«           

Unterschiedliche Pläne

RKI und Regierung zu Daten-Apps, die Verbreitung von Corona sichtbar machen sollen 

»Hände waschen, Abstand halten, Daten spenden – Ihr Beitrag gegen Corona«, so bewirbt das Robert-Koch-Institut (RKI) seine neue App. Mit der Corona-Datenspende-App können User die Daten, die von Ihren Fitnessarmbändern und Smartwatches gesammelt werden, spenden. Auch die Bundesregierung und eine EU-Initiative entwickeln Apps rund um Corona.
 
Durch die App erhoffen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des RKI, die Ausbreitung des Coronavirus besser erfassen und schneller verstehen zu können. Bürgerinnen und Bürger geben dafür ihr Geschlecht, Alter in 5-Jahres-Schritten, Gewicht in 5kg-Schritten, Daten zum Schlafverhalten, Herzfrequenz, Körpertemperatur sowie der Postleitzahl an. Die Nutzung ist freiwillig. Das Tool basiert auf einem Algorithmus, der Symptome wie einen erhöhten Ruhepuls oder ein verändertes Schlafverhalten mit der Coronavirus-Infektion in Verbindung bringt. Diese gesammelten Daten fließen dann in eine Karte, die die Verbreitung von möglicherweise infizierten Personen bis auf die Ebene der Postleitzahl visuell darstellt.
 
Kritik daran gibt es von mehreren Seiten. Die Gesellschaft für Informatik (GI) kritisiert, dass die Entwicklerinnen und Entwickler zu wenig Datenschutz und IT-Sicherheit mitgedacht haben. »Leider ist die vorliegende Datenspende-Anwendung überraschend schlecht gemacht und daher dem Schutz der Bevölkerung eher abträglich«, sagt GI-Präsident Hannes Federrath.
 
Die Bundesregierung plant derweilen eine eigene App, mit der die Corona-Infektionswege nachgewiesen werden sollen. Diese Tracking-App sei Teil der Exit-Strategie der Bundesregierung, um die angeordneten Kontaktverbote schrittweise wieder zu lockern. Außerdem hat sich in den vergangenen Wochen eine europäische Initiative aus Regierungen, Unternehmen und Wissenschaftlern zusammengeschlossen, die gemeinsam die Grundlage einer EU-weiten App entwickeln sollen. Doch seit vergangenem Wochenende führen die Mitglieder eine offene Diskussion über Transparenz und Sicherheit. Nun haben sich das Helmholtz Institut für Informationssicherheit sowie der Schweizer Epidemiologe Marcel Salathé, Professor an der Polytechnischen Universität in Lausanne, aus dem Projekt zurückgezogen.


Bemerkt
 

 »In Deutschland wird noch immer gefaxt, werden noch immer Listen per Hand geführt.
 
 Der Informations-austausch geht viel zu langsam.«



Professor Dr. Jochen Werner,
Ärztlicher Direktor der Universitätsmedizin Essen im Interview mit Tim Farin

Montags bis freitags berichtet der Medizin- und Digitalisierungs-Experte der Essener Universitätsmedizin Prof. Dr. Jochen Werner täglich um 17 Uhr und aus erster Hand über aktuelle Entwicklungen der Corona-Pandemie berichten.
Bei Soundcloud finden Sie eine Übersicht aller Podcast-Folgen
»Diagnose Zukunft. Das Corona-Special«


Weiterlesen

 

Wir wollen im EinBlick neben einem Überblick zu Themen der Gesundheitsnetzwerker auch einen Blick auf Debatten und Dokumente werfen.
 
Den Anfang machen wir mit der Debatte um die Veröffentlichung der Zwischenergebnisse der Heinsberg-Studie.
 
Der Deutschlandfunk widmet sich dem komplexen Thema unter dem Titel
Wo Wissenschaft sich angreifbar macht


Zuletzt:

Selfmade Mundschutzmaske

Der Virologe Prof. Dr. Christian Drosten, die Bundesregierung, das Robert-Koch-Institut – alle haben etwas gemeinsam:
Sie empfehlen das Tragen von selbst gemachten Mundschutzmasken.
 
Die Feuerwehr im bayerischen Abensberg zeigt in einem Video, wie es geht.
Wer richtig motiviert ist, kann Masken für Feuerwehrfrauen und -männer gleich mitnähen.

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