Berlin-Chemie Newsletter vom 10.12.2014

Berlin-Chemie Newsletter vom 10.12.2014

  • KBV-VV: Verschobene Bescherung
  • Präventionsbericht: ermutigende Bilanz
  • Kliniksterben: kein Mangel
  • Hausärzte: gleiches Geld
  • PKV-Ausgaben: beschleunigter Anstieg
  • Arzneimittelprognose: besserer Zugang
  • Betriebliche Fitness: gutes Geld
  • Versorgung X.0 – verzahnt – vernetzt – verlinkt

KBV-VV: Verschobene Bescherung

KBV-Chef Gassen fordert Unterstützung der Basis zum Widerstand

Eine Flut von Anträgen gegen das Versorgungsstärkungsgesetz (VSG) hatte die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in ihrer letzten Sitzung vor der Weihnachtspause zu bewältigen. In großer Geschlossenheit wenden sich die Delegierten gegen den „Lochfraß an der wohnortnahen ambulanten Versorgung“ wie der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen beschwört. Der Appell verfehlt sein Ziel nicht. In einer einstimmig verabschiedeten Resolution wird das Gesetzesvorhaben als Instrument zur ideologisch begründeten Schwächung freiberuflicher Strukturen unter Förderung und Bevorzugung von teils staatlichen Institutionen gesehen. Im Einzelnen sehen die KBV-Delegierten darin einen weiteren Schritt in Richtung Zwangsaufkauf ausschließlich von selbstständigen, inhabergeführten Arzt- oder Psychotherapeutenpraxen bei angeblich fehlender Versorgungsrelevanz, „der in krassem Widerspruch zu den Regelungen zur Wartezeitverkürzung, der Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung sowie die Ermöglichung kommunaler Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) ohne Berücksichtigung der Bedarfsplanung steht.“ Abgelehnt wird auch eine zentral gesteuerte Terminvergabe durch behördenähnliche Strukturen, „die völlig unabhängig von den gesundheitlichen Bedürfnissen der Patienten die faktische Abschaffung der freien Arztwahl und gleichzeitig die Schaffung einer patientenfeindlichen Bürokratie bedeutet.“ Die obligatorische Öffnung von Krankenhäusern für die ambulante Versorgung in unterversorgten Regionen, obwohl es im Krankenhaus keine hausärztliche Versorgung gibt, sei keine Lösung, nachdem Fachärzte der Grundversorgung im Krankenhaus sich noch weniger um die stationär zu behandelnden Patienten kümmern könnten. Ein existenzbedrohendes Ärgernis stellt „die Bevorzugung staatlicher Gesundheitsversorgungsstrukturen, wie der Gründung kommunaler MVZ und der Öffnung der Hochschulambulanzen zu Lasten der selbstständigen Niederlassung und ohne Berücksichtigung in der Bedarfsplanung dar ebenso wie die massive Verlagerung von Kompetenzen weg von der ärztlichen Selbstverwaltung auf die Ebene des Gemeinsamen Bundesausschusses. Die Weichenstellung für die Substituierung ärztlicher Leistungen, führe zur „Abwendung vom Prinzip des Arztvorbehaltes.“ Das VSG sollte ursprünglich noch vor Weihnachten verabschiedet werden. Jetzt gönnt sich der Gesetzgeber eine Auszeit voraussichtlich bis Mitte Februar.

Präventionsbericht: ermutigende Bilanz

MDS legt Bilanz der Präventionsausgaben für 2013 vor. Gesundheitsförderung bekommt mehr Gewicht

Rund 12 Prozent mehr als im Vorjahr haben die gesetzlichen Krankenkassen in 2013 für Prävention ausgegeben. Das geht aus dem aktuellen Bericht von GKV-Spitzenverband und Medizinischem Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) hervor. Mit 267 Mio. Euro sind die Ausgaben für Primärprävention und Gesundheitsförderung damit im Berichtsjahr 2013 deutlich höher als im Vorjahr mit rund 238 Mio. Euro. Im Schnitt gaben die Kassen 3,82 Euro pro Versichertem für gesundheitsfördernde und präventive Maßnahmen aus, damit wurde der gesetzlich vorgeschriebene Richtwert von 3,01 Euro wiederum erheblich überschritten. Allerdings ist der Wert von den 7 Euro noch weit entfernt, die laut Entwurf des Präventionsgesetzes künftig auszugeben sind.

Rund 10.000 Betriebe haben die gesetzlichen Krankenkassen im Jahr 2013 mit Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) unterstützt – das sind 21 Prozent mehr als im Jahr 2012. Erreicht werden konnten so direkt rund 1,1 Mio. Arbeitnehmer. Insgesamt gaben die Krankenkassen hierfür 54 Mio. Euro aus, was einer Steigerung von 18 Prozent gegenüber 2012 (46 Mio. Euro) entspricht. Fast die Hälfte aller Maßnahmen in den Betrieben befasste sich dabei mit der Förderung individueller Kompetenzen zur Stressbewältigung am Arbeitsplatz. Auch für gesundheitsfördernde Projekte in Lebenswelten wie zum Beispiel in Wohngebieten, Kindertagesstätten und Schulen - den so genannten „Settings“ - haben sich die gesetzlichen Krankenkassen stark gemacht. 30 Mio. Euro haben die Krankenkassen im Jahr 2013 in solche Projekte investiert und so rund 2,6 Mio. Menschen direkt erreicht – beides eine Steigerung zum Vorjahr. Künftig werden hier 140 Millionen fällig, wenn der Entwurf des Präventionsgesetztes so übernommen wird. In über der Hälfte aller Maßnahmen profitierten Kinder in Kindergärten oder Kitas von den Präventionsmaßnahmen, knapp ein Drittel (32 Prozent) aller Kitas wurde von den Krankenkassen mit Maßnahmen zur Gesundheitsförderung unterstützt. Kursangebote, die sich an einzelne Versicherte wenden und sich mit Bewegungsförderung, Stressbewältigung, Ernährung und Raucherentwöhnung befassen, sind wieder stärker im Kommen. Die Teilnehmerzahlen bei diesen Kursen stiegen im Jahr 2013 um 10 Prozent auf 1,5 Mio. Dafür gaben die Krankenkassen 183 Mio. Euro und damit 11 Prozent mehr als im Vorjahr aus. Im Vorjahr war die Inanspruchnahme aufgrund zeitweise veränderter Bezuschussungsregelungen um 20 Prozent zurückgegangen.

Kliniksterben: kein Mangel

Weitere Einschnitte ins Netz sind flächendeckend kaum spürbar, behaupten KK-Experten.

„Sie sehen, dass Sie nichts sehen!" Mit dieser überraschenden Einsicht kommentiert Dr. Wulf-Dietrich Leber, zuständiger Referent beim GKV-Spitzenverband, den "Krankenhausschliessungssimulator". Der überprüft die Folgen eines angenommenen Marktaustritts von 22 Krankenhäusern unterhalb einer festgelegten Mindestmengengröße am Beispiel der Region Hessen mit einem aktuellen Bestand von 92 Kliniken. Ein Negativeffekt ist unter dem Aspekt der Erreichbarkeit als Maßkriterium selbst "bei konsequenter Qualitätssicherung" nach Darstellung des GKV-SV-Experten auch bei 70 verbleibenden Kliniken unter dem Aspekt der Erreichbarkeit zumindest charttechnisch nicht feststellbar. Zur Erläuterung beteuert Johann-Magnus v. Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-SV, dass es den Krankenkassen nicht darum gehe, "ganze Krankenhäuser zu schließen." Die Erreichbarkeit habe insoweit nur für die Grund- und Notfallversorgung Bedeutung. Er fordert dazu von der Politik, konsequent zu sein und gerichtsfeste Strukturvorgaben zu machen. Die Krankenkassen seien dann bereit, sich auch an einem Restrukturierungsfonds zur Marktbereinigung zu beteiligen. "Wir wollen nicht an Abschlägen verdienen" wehrt er sich gegen den Verdacht eines "Kassensanierungsprogramms" zu Lasten der Klinikversorgung. Lothar Riebsamen, Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die stationäre Versorgung, bestätigt, dass sich bisher durch Schließungen nichts verändert habe. Dies werde aber zunehmend schwieriger, so seine Einschätzung. Am Beispiel Geburtshilfestationen deklinierte er, dass es den Kliniken unbenommen sei, aus anderweitig erwirtschafteten Überschüssen eine unrentable aber imageträchtige Gynäkologieabteilung weiter zu betreiben. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat sich hier bereits festgelegt und verfolgt künftig eine schärfere Trennung von Grund- und Spezialversorgung. Dafür wird ein Strukturfonds aufgelegt. Dem Pflegepersonalmangel wird mit einem Förderprogramm begegnet, das 6000 neue Stellen schaffen wird. Bis 2018 werden allein für diese beiden Vorhaben 1,7 Milliarden Euro fließen. Die Stärkung der Hochschulambulanzen, die Angleichung der Landesbasisfallwerte, Sicherstellungszuschläge sind mit weiteren zwei Milliarden Euro veranschlagt. Zum Vergleich: in 2013 hat die GKV annähernd 65 Milliarden insgesamt im stationären Bereich ausgegeben.

Hausärzte: gleiches Geld

Patientenbeauftragter sorgt sich. Politik will regional gleiche Vergütung.

Die niedergelassenen Ärzte werden faktisch immer weniger. Während die absolute Zahl der Hausärzte laut Bundesarztregister der KBV in den vergangenen 14 Jahren zugenommen hat, ist ihr Anteil an der vertragsärztlichen Versorgung gesunken. 1999 gab es laut KBV 59.290 Hausärzte, die ihre Leistungen bei den Krankenkassen abrechneten. Das entsprach einem Anteil von 47,31 Prozent. Bis 2013 stieg die Zahl der Hausärzte auf 61.418 an, ihr Anteil an der Gesamtzahl aller Vertragsärzte sank allerdings auf 43 Prozent. Und sie werden auch immer älter. Zwei Drittel der jetzigen Hausärzte sind älter als 60, zehn Prozent schon über 65. Grund genug für die Politik, den „Grundpfeiler unseres Gesundheitssystems“ nicht weiter zu beschädigen. Staatssekretär Karl-Josef Laumann sorgt sich als Patientenbeauftragter der Bundesregierung bei der Pressekonferenz um die „Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung“. Da eine Ausbildung zum Allgemeinmediziner sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, gleichzeitig aber noch immer erhebliche regionale Unterschiede kassenärztlicher Vergütung herrschen, ist es keine Überraschung, dass sich immer weniger Medizinstudenten als Hausarzt niederlassen wollen. Für die unterschiedliche Bezahlung ist laut Laumann „ausschließlich die kassenärztliche Vereinigung verantwortlich“. Erst, wenn eine ausgeglichene Vergütung gesichert ist, würde sich die Chance ergeben, dass „Ärzte gerecht verteilt werden“.

PKV-Ausgaben: beschleunigter Anstieg

Unterschiedliche Entwicklung zwischen PKV und GKV. Zahnbehandlung mit Kostenschub.

Die Ausgaben der privaten Krankenversicherung (PKV) für ambulante ärztliche Leistungen sind im vergangenen Jahr erneut gestiegen. Rund 5,7 Milliarden Euro – so viel gaben die 43 Mitgliedsunternehmen des PKV-Verbandes 2013 für die ambulante Arztbehandlung aus und somit 3,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Das geht aus dem jetzt vorgelegten Zahlenbericht der PKV für das Jahr 2013 hervor. Die ambulanten ärztlichen Leistungen waren absolut gesehen im vergangenen Jahr der größte Posten der PKV-Ausgaben, gefolgt von den allgemeinen Krankenhausleistungen, welche die privaten Versicherer insgesamt fast 4 Milliarden Euro kostete. Unterm Strich machten die ambulanten Leistungen, die auch Arznei-, Heil- und Hilfsmittel sowie Heilpraktiker-Behandlungen umfassen, mit 44,61 Prozent den größten Teil der PKV-Krankenversicherungsleistungen im Jahr 2013 aus. Der zweitgrößte Posten waren die stationären Leistungen (29,88 Prozent), danach kamen die Zahnleistungen (16,44 Prozent). Die gesamten Krankenversicherungsausgaben der PKV betrugen 23,4 Milliarden Euro und somit beinahe vier Prozent mehr als 2012. Unterm Strich sind die Ausgaben der PKV je Versicherten im Jahr 2013 mit 4,89 Prozent erheblich stärker gestiegen als im Vorjahr (2012: plus 1,97 Prozent). Dies könne teilweise durch den gesunkenen Bestand in der Vollversicherung erklärt werden, erläutert der PKV-Verband in seinem Bericht. Viele zuvor privat versicherte Kleinselbstständige seien im Zuge der guten Konjunktur in eine Anstellung unter der Versicherungspflichtgrenze gewechselt und hätten sich deshalb zwangsläufig gesetzlich versichern müssen. Die Folge sei ein Verlust von jungen, meist gesunden Versicherten an die gesetzliche Krankenversicherung, wodurch die Ausgaben pro Kopf für das übrige Kollektiv gestiegen seien.

Arzneimittelprognose: besserer Zugang

Höhere Pro-Kopf-Ausgaben bringen weltweit 70 Milliarden US-Dollar Zuwachs bis 2018.

Bis 2018 lassen mehr Innovationen bei Spezialarzneimitteln, ein besserer Zugang der Patienten zu Medikamenten und weniger Patentabläufe die weltweiten Arzneimittelausgaben um bis zu 30 Prozent steigen. Laut aktueller Forschungsergebnisse des IMS Institute for Healthcare Informatics wird der jährliche Ausgabenzuwachs mit etwa 70 Milliarden US-Dollar in diesem Jahr seinen Höhepunkt erreichen. Zum Vergleich: 2013 lag der Zuwachs bei 44 Milliarden US-Dollar, 2012 bei 26 Milliarden. Der Bericht The Global Outlook for Medicines Through 2018 prognostiziert, dass die weltweiten Gesamtausgaben für Pharmazeutika bis 2018 um 305 bis 335 Milliarden US-Dollar zunehmen werden. In den vergangen fünf Jahren lag der Zuwachs bei insgesamt 219 Milliarden US-Dollar. Die Ausgaben sollen weltweit jedes Jahr um durchschnittlich vier bis sieben Prozent steigen. In den meisten Ländern wird dies mit erhöhten Pro-Kopf-Ausgaben für Arzneimittel einhergehen. Die Ausgaben für Arzneimittel werden auf Grundlage der Herstellerabgabepreise kalkuliert. Berücksichtigt man Faktoren wie Rabatte, Preisnachlässe, Steuern und andere Anpassungen, die den Nettoumsatz der Hersteller beeinflussen, mindern diese das für die kommenden fünf Jahre prognostizierte Wachstum um schätzungsweise etwa 60 bis 80 Milliarden US-Dollar, beziehungsweise um etwa 25 Prozent.

Betriebliche Fitness: gutes Geld

Kleines Geld spart große Ausgaben. Betriebe sponsern Bewegung am Arbeitsplatz.

Eine Finanzspritze sorgt für mehr Bewegung am Arbeitsplatz. Immer mehr Arbeitnehmer legen hohen Wert auf betriebliche Gesundheitsförderung. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der online Plattform „ machtfit.de “. So gaben 98 Prozent der 621 befragten Mitarbeiter an, dass ihnen Fitness und Vitalität wichtig bis sehr wichtig seien. Über die Hälfte (52%) schaffen es aber nicht, sich ausreichend körperlich zu betätigen, da ihnen dafür im Arbeitsalltag zu wenige Möglichkeiten geboten werden. Das könnte Grund dafür sein, dass 70 Prozent der Befragten darüber hinaus über zu hohen Stress und fehlende Entspannung klagen. Es ist daher keine Überraschung, dass 93 Prozent gesundheitsfördernde Angebote am Arbeitsplatz befürworten und diese Fitness-Möglichkeiten dann auch gut angenommen werden. Viele empfinden ein finanzielles Engagement des Arbeitgebers als Motivationsspritze, um ihren Fitness-Soll zu erfüllen. So gaben 82% der Befragten an, vor allem durch den finanziellen Zuschuss des Arbeitgebers aktiv zu werden. Über 50% der angemeldeten Nutzer besuchen das Gesundheitsportal bis zu dreimal pro Monat. 40% haben das gleiche Angebot mehrmals gebucht. Gut, dass der Entwurf des Präventionsgesetzes auch den Bereich betriebliche Gesundheitsförderung und Betriebsärzte weiter stärkt.

Versorgung X.0 – verzahnt – vernetzt – verlinkt

Frühbucher-Rabatt für Kongress am 29. und 30. April 2015 – Jetzt um den „Preis für Gesundheitsnetzwerker“ bewerben

Sie haben eine richtig gute Idee für ein Projekt? Sie organisieren bereits das beste Arztnetz der Welt? Sie sind Teil eines gut funktionierenden integrierten Versorgungskonzepts? Dann bewerben Sie sich für den Preis für Gesundheitsnetzwerker 2015. Es geht wieder um insgesamt 20.000 EUR, die eine renommierte Jury vergibt. Überzeugen Sie mit Ihrer schlüssigen und realistischen Idee, die die Versorgung verbessert. Oder begeistern Sie mit Ihrem bereits aufgebauten Versorgungsnetz und dessen Vorteilen für die Versorgung. Der Preis wird in den Kategorien Idee und Umsetzung getrennt vergeben. Bewerben Sie sich bis zum 31. Januar 2015 unter:www.gesundheitsnetzwerker.de

Die Anmeldung zum Kongress – bis zum 31. Dezember 2014 zum vergünstigten Frühbuchertarif – und weitere Informationen rund um den Kongress für Gesundheitsnetzwerker finden Sie ebenfalls hier: www.gesundheitsnetzwerker.de

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